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auf der Internetseite bei der Lebenshilfe Karlsruhe, Ettlingen und Umgebung e. V.

Sexuelle Entwicklung von Jugendlichen mit geistiger Behinderung

Tipps aus der Sexualpädagogik

In Sachen Liebe und Sexualität wünschen sich die meisten Menschen mit einer geistigen Behinderung das gleiche wie Menschen ohne Behinderung: Flirt und Partnerschaft, Zärtlichkeit und Geborgenheit, Leidenschaft und Sexualität. Und sie haben ebenso ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, das den Schutz vor Grenzverletzungen bis hin zu sexuellem Missbrauch miteinschließt.

Wie bei allen Menschen, hängt bei ihnen ein erfülltes Sexualleben auch davon ab, welche Erfahrungen sie in der Pubertät mit Sexualität gemacht haben und welche Botschaften und Werte ihnen dazu vermittelt wurden.

Und hier unterscheiden sich die Rahmenbedingungen von Heranwachsenden mit einer geistigen Behinderung oft deutlich von denen ihrer Altersgenossen. „Die körperliche Entwicklung verläuft bei ihnen wie bei Jugendlichen ohne Behinderung, geistig-emotional sind sie aber häufig noch auf der Entwicklungsstufe eines Kindes“, sagt dazu Dr. Anne Rudigier, Frauenärztin der Pro Familia in Karlsruhe. Dazu kommt, dass Jugendlichen mit geistiger Behinderung seltener mit Gleichaltrigen befreundet sind. In Freundschaften und Peergroups findet aber der notwendige Austausch über Vorlieben sowie erste Lieben und Erfahrungen statt, an dem Jugendliche mit geistiger Behinderung nicht teilhaben.

Damit kommt den Eltern von Kindern mit geistiger Behinderung eine besondere Rolle zu: Sie fungieren als Vertrauensperson für Themen, die normalerweise nicht mit den Müttern oder Vätern, sondern mit Freunden besprochen werden. Oft stellen ihre Kinder keine Fragen dazu, nicht selten fehlt ihnen schlicht die Sprache dafür. Das heißt, hier gilt es zunächst, in Worte zu fassen, was die Kinder nicht verbalisieren können.

„Wichtig ist, mit den Kindern zum Beispiel die Bezeichnung ihrer Geschlechtsteile zu üben“, weiß Dr. Anne Rudigier. Dies und ein Verständnis aufzubauen, was ihre privaten Körperzonen sind und was Schutz und Grenzen im Alltag konkret bedeuten, sei auch eine wichtige Voraussetzung, um sich schützen zu können.

Eine besondere Herausforderung sei, dass die Entwicklung des Schamgefühls bei Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung häufig anders verlaufe. Hier sei es wichtig, die Wahrung von Grenzen und ein passendes Verhalten mit anderen und in der Öffentlichkeit zu üben: Was ist privat? Wenn kann ich umarmen? Wo ist Masturbation okay und wo nicht? Entscheidend dabei ist, dass die Eltern zunehmend Grenzen in der Vertrautheit mit ihrem Kind ziehen und ihm bei der Abnabelung helfen.

Gefragt seien dabei aber nicht nur die Eltern, sondern alle Bezugspersonen – wie Lehrer, Schul- und Freizeitbegleiter, Betreuer oder Paten. Die Erfahrung zeigt, dass Kinder- und Jugendliche mit Beeinträchtigung, wenn sie entsprechende Hilfestellung und sexualpädagogische Begleitung erhalten, mit der Zeit Vieles lernen können, was sie für eine selbstbestimmte sexuelle Entwicklung und für den Umgang mit Schutz und Grenzen brauchen.

Die Pro Familia in Karlsruhe bietet für Jugendliche mit geistiger Behinderung und ihre Eltern Beratung zu allen Fragen rund um Sexualität, Aufklärung und Verhütung an und veranstaltet regelmäßig Kurse in Schulen, Wohnheimen und Werkstätten sowie Elternabende im Lebenshilfehaus.

Auf https://www.profamilia.de/themen/sexualitaet-und-behinderung gibt es zahlreiche Broschüren zu Themen rund um Sexualität in Leichter Sprache.